Alexander Rüstow
Wirtschaft als Dienerin der Menschlichkeit
In: Alexander Rüstow, Wilhelm Röpke, Götz Briefs, Hans Hermann Walz, Ulrich von Pufendorf, Wolfgang Frickhöffer
Was wichtiger ist als Wirtschaft
Ludwigsburg 1960
Wirtschaft als Dienerin der Menschlichkeit
Der Band enthält neben dem Vortrag Rüstows auch alle anderen Vorträge der 15. Tagung der Aktionsgemeinschaft Soziale-Maktwirtschaft am 29. Juni 1960 in Bad Godesberg. Eine Tagung, die sich aus naturrechtlicher Sicht für eine „Wirtschaft als Dienerin der Menschlichkeit ausspricht, die in „überwirtschaftlichen“ naturrechtlichen Werten verankert sind. Rüstows Aufsatz ist deshalb bedeutend, weil er darin den naturrechtlichen Fixpunkt nennt, von von dem aus jede Planwirtschaft, und damit auch jede totalitäre politische Struktur, – egal ob nach UdSSR oder Washington Consensus-Art, nach Brüsseler oder welcher Couleur auch immer – als gegen die Würde des Menschen gerichtet abzulehnen ist: „Wir sind der Meinung, daß es unendlich viele Dinge gibt, die wichtiger sind als Wirtschaft. Familie, Gemeinde, Staat, alle sozialen Integrationsformen überhaupt bis hinauf zur Menschheit, ferner das Religiöse, das Ethische das Ästhetische, kurz gesagt, das Menschliche, das Kulturelle überhaupt. Alle diese großen Bereiche des Menschlichen sind wichtiger als die Wirtschaft. Aber sie alle können ohne die Wirtschaft nicht existieren; für sie alle muß die Wirtschaft das Fundament, den Boden bereiten. Primum vivere, deinde philosophari. Wenn die Wirtschaft nicht dafür sorgt, daß die materiellen Grundlagen eines menschenwürdigen Lebens gegeben sind, können alle diese Dinge sich nicht entfalten. Das heißt, alle diese überwirtschaftlichen Dinge haben Forderungen an die Wirtschaft zu stellen Die Wirtschaft hat diese Forderungen zu erfüllen, sie hat sich in den Dienst dieser Forderungen zu stellen. Es ist der eigentliche Zweck der Wirtschaft diesen überwirtschaftlichen Werten zu dienen. Daraus folgt innerhalb des Eigenbereichs der Wirtschaft sehr vieles. Es folgt daraus vor allem, daß die Wirtschaft ihrerseits nicht Formen annehmen darf die mit Jenen überwirtschaftlichen Werten unvereinbar sind. Darauf beruht ganz wesentlich unser Widerspruch gegen die Planwirtschaft. Es hat sich erwiesen, und es läßt sich auch grundsätzlich nachweisen, daß die Planwirtschaft mit Notwendigkeit in dem Maße, wie sie sich entwickelt mit totalitärer Diktatur gekoppelt ist. Eine totale Planwirtschaft läßt sich anders als mit totalitärer Diktatur überhaupt nicht durchführen und ist nie anders durchgeführt worden. Da wir aus sehr grundlegenden überwirtschaftlichen Gründen die Diktatur ablehnen, müssen wir aus denselben überwirtschaftlichen Gründen auch die Planwirtschaft ablehnen.“