DIE LINKE: «Assistierter Suizid sowie dessen geschäftsmäßige Förderung müssen verfassungsrechtlich verboten sein.»

17. April 2021, Zitatauswahl Moritz Nestor

Ein bemerkenswertes Positionspapier aus der deutsche LINKEN wendet sich ebenso scharf und klar gegen die Neuauflage der «Euthanasie» wie Prof. Frank Ulrich Montgomery an der Eröffnungsveranstaltung der Woche für das Leben in Augsburg. Erneut tritt hervor, was schon immer zu beobachten war: Gegen die «neue Euthanasie» verlaufen die Gräben nicht zwischen, sondern quer durch alle Parteien und Gruppen.

Hier die wichtigsten Zitate aus dem Papier:

 

Gesetzentwürfen zur Suizidhilfe (Art. 217 Strafgesetzbuch) sollte eine breit angelegte Debatte darüber vorausgehen, wie wir uns als Gesellschaft zu Beihilfe zur Selbsttötung stellen.

Das im Februar 2020 verkündete Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, welches das im Dezember 2015 eingeführte Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung für verfassungswidrig und den Art. 217 Strafgesetzbuch für nichtig erklärt, erleichtert Missbrauch.

Gesetzlich geregelte Hilfe zum Sterben gibt Dritten die Möglichkeit, darüber zu entscheiden, was lebenswert ist und danach zu handeln. Die Unterzeichnenden dieser Stellungnahme lehnen Suizidhilfe per Gesetz ab. Stattdessen fordern sie den Gesetzgeber auf, das Lebensrecht jedes Menschen zu schützen und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, sowie seine Würde, Art. 1 Abs. 1 Satz 1.GG, nicht zu unterlaufen.

Begründung: Das Leben ist das Wertvollste, was ein Mensch besitzt. Es wird ihm nur einmal gegeben. Der Mensch lebt mit all seinen Hoffnungen und Sehnsüchten, erstrebt Ziele und will seinem Leben einen Sinn geben – bis zum letzten Atemzug. Unser humanistisches Menschenbild gebietet uns deshalb, alle Verantwortung auf das Leben, auf die Pflicht zur Bewahrung des Lebens zu richten – unabhängig von ethnischer Herkunft, sozialer Stellung, körperlichen und geistigen Fähigkeiten und Alter. Das von Albert Schweitzer geprägte Wort von der „Ehrfurcht vor dem Leben“, sein Prinzip, „Leben erhalten, Leben fördern, entwickelbares Leben auf seinen höchsten Wert bringen“, ist uns Verpflichtung. Wir widersprechen der Auffassung, Verzweiflung lasse keinen anderen Ausweg als den Tod zu. Der Tod ist unwiderruflich. Nur der Lebende kann Auswege aus existentiellen Notsituationen zulassen. Seine Schmerzen können gelindert, psychische Qualen in mitfühlender Zugewandtheit verringert und gesellschaftliche Missstände angegangen werden.

Bestrebungen, in extremen Lebenssituationen den Tod über das Leben zu stellen, widersprechen unserem humanistischen Menschenbild. Was sagt es über eine Gesellschaft aus, in der Menschen aufgrund von Obdachlosigkeit, einer zugrunde gerichteten Existenz oder eines politisch geduldeten Pflegenotstandes in Krankenhäusern und Pflegeheimen vorzeitig sterben? In der das Leben von Menschen mit Behinderungen im Bewusstsein vieler schon jetzt oft als unwert wahrgenommen wird? In einer reichen Gesellschaft, die es nicht schafft, Menschen ein menschenwürdiges Leben zuteilwerden zu lassen und dabei ist, Sterbehilfe als Pseudo-Humanität und Selbstbestimmung zu kultivieren? In einer Gesellschaft, in der Menschen aus Einsamkeit, finanzieller Not oder der Befürchtung, anderen zur Last zu fallen, den Tod als einzigen Ausweg sehen? In dieser Gesellschaft, in der zunehmend Nützlichkeitsgesichtspunkte den „Lebenswert“ eines Individuums bestimmen, sind die Wände zwischen Euthanasie und Humanität dünn und niemand weiß, wie lange sie stehen.

Die Unterzeichnenden treten ein für ein Medizinsystem, in dem Mediziner – auch bei geringer Perspektive zum Weiterleben – Lebenshelfer bei bestmöglicher medizinischer Versorgung bleiben. Sie treten für eine Gesellschaft ein, in der Euthanasie nie wieder möglich sein wird.

Assistierter Suizid sowie dessen geschäftsmäßige Förderung müssen verfassungsrechtlich verboten sein.

 

Autor

Moritz Nestor, Psychologe

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