Die Schuhe deines Vaters

14. April 2016

Der Rockstar und Liederdichter Gordon Sumner alias „Sting“ beschreibt im Lied „Dead Man’s Boots“ seine eigene Kindheit. Verlockend stehen die Schuh seines verstorbenen Vaters vor der Tür. Sie warten nur darauf, dass der Sohn seine Pflicht tut und die Schuhe anzieht. Im übertragenen Sinne soll der Sohn, indem er in die Fußspuren seines Vaters tritt, auch die Rolle seines Vaters im Leben übernehmen. Am Ende rebelliert der Dichter und schreibt, dass er lieber barfuß in die weite Welt geht, als in den Schuhen seines Vaters gefangen zu bleiben.

Wir Menschen haben alle Erfahrungen und prägende Bilder, die wir aus unserer Kindheit ins Leben mitnehmen. Manchmal entscheiden wir uns, wie Sting, ganz andere Wege als die der Eltern zu gehen. Meistens gehen wir, nicht selten ungewollt, genau in den Fußstapfen der Eltern. Wir machen vor allen Dingen auch die gleichen Fehler, wie die Eltern!

Wie ist es aber, wenn wir Menschen überhaupt keine Vorbilder aus der Kindheit haben? Wie ist es, wenn wir weder die Schuhe eines Vaters noch die Umarmung einer Mutter als Vorbild haben? Wie ist es, wenn das Vorbild eines Vaters oder einer Mutter schlicht und einfach nicht existiert? Im schlimmsten Falle müssen wir dann sterben! Deshalb plädiert der Autor und Psychologe Moritz Nestor für die „Familie als Schule des Lebens“. Das hat er während einer Vorlesung in der Sankt Lukaskirche am 12. März 2015 getan. Im Rahmen der Leipziger Buchmesse hat “Die Brücke“ Moritz Nestor zu diesem Gespräch in die Lukaskirche eingeladen. Die Brücke ist ein Projekt der Lutherischen Kirchenmission und arbeitet verstärkt unter Migranten und Kindern im Leipziger Ortsteil Volkmarsdorf. Da die Mitarbeiter aus der „Brücke“ familienergänzend mit Kindern arbeiten, lag uns das Thema sehr am Herzen. Mit Bildern aus der Praxis erzählte Moritz Nestor, dass die höheren Säugetiere schon bei der Geburt fast alle Eigenschaften ihrer Eltern haben. Beim Menschen ist es anders. Er muss erst einmal lernen. Und lernen kann man nur dann, wenn man Vertrauen zu einem anderen gewonnen hat. Leider sind viele Familien dazu gezwungen, die Erziehung ihrer Kinder nebenher zu erledigen, sodass Kinder immer wieder die schmerzliche Erfahrung machen müssen, dass andere Menschen und andere Dinge wichtiger als sie sind. In manchen Fällen stören Kinder sogar nur und werden von vorn herein gar nicht in dem warmen Nest der Familie akzeptiert. Wenn wir das tun, so Moritz Nestor, „…sägen wir den Zweig ab, worauf wir sitzen.“ Denn ohne Erziehung gibt es keine menschliche Gesellschaft. In einem sehr lebendigen Gespräch mit einigen Besuchen und mit den Mitarbeitern der „Brücke“ kamen wir darauf zu sprechen, was denn die Gründe dafür sein könnten, dass Eltern ihre Kinder nicht mehr erziehen wollen. Als Psychologe sprach Moritz Nestor davon, dass Psychologen teilweise dafür verantwortlich waren, Eltern über ihre Verantwortung in der Erziehung zu verwirren. Das passierte, indem man, im schlimmsten Falle, davon abriet Kinder in irgendeiner Weise zu beeinflussen. Moritz Nestor betonte immer wieder, dass die Quelle und Stoßkraft der Erziehung auf Akzeptanz und Liebe ruht. Sprich: „Hier ist jemand, der mich liebt, wie ich bin!“ In einer Diskussion im Anschluss an die Veranstaltung kamen wir Mitarbeiter darauf zu sprechen, was wir anders machen könnten. Vor allen Dingen wollten wir auch wissen, was wir denn tun können, wenn „das Kind bereits im Brunnen gefallen ist.“ Können wir dann noch etwas ändern? Gewiss! Auch Erwachsene können die erstaunliche Erfahrung machen, dass alles anders werden kann. Als Jesus zu uns Menschen kam, kündigte er an, dass alles anders wird. Und in seinem Handeln und Reden finden wir immer wieder das Thema der lebensverändernden Begegnung zwischen Gott und den Menschen. Der verlorene Sohn ist beispielsweise einer, der nach vielen falschen Wegen und nicht zuletzt nach einer verstörten Vater-Sohn- Beziehung plötzlich wahrnimmt, dass er wirklich vom Vater bedingungslos geliebt wird. Nur so bekommt sein Leben eine ganz neue Wende. Es sollte nie wieder in dem alten Trott weitergehen. Damit viele die wärmende Liebe unseres Gottes erfahren, suchen wir immer neue Wege zu den Menschen. Es tut so gut, zu sehen, wenn Menschen nach langer Dürrezeit sich geliebt wissen dürfen!

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