Emer de Vattel und die Westschweizer Naturrechtsschule

Moritz Nestor

«Da die Nationen frey und von einander unabhängig, weil die Menschen
von Natur frey und unabhängig sind; So ist das Zweyte allgemeine Gesez
ihre Gesellschafft: Jede Nation muss in dem uhngestörten Genuss
dieser von der Natur erhaltenen Freyheit am Anfang gelassen werden.
Die natürliche Gesellschafft der Nationen kann nicht bestehen, wenn die Rechte,
die eine jede von der Natur erhalten hat, nicht in Ehren gehalten werden.
Und keine wird ihrer Freyheit entsagen, sondern lieber alle Gemeinschafft
mit denen aufheben wollen, die solche zu beeinträchtigen suchen möchten.»
(Emer de Vattel, 1760)

 


 

Emer de Vattel

Vortrag, gehalten am 30. September 2017
in Neuchâtel
an der 4. Wissenschaftlichen
Konferenz
«Naturrecht und direkte Demokratie»
des «Forschungsinstituts direkte Demokratie», Leitung Rene Roca

 

 

 

 

 

 

 

 

Geschätzte Damen und Herren

Im Folgenden soll die geschichtliche Bedeutung Emer de Vattels und seines Droit des gens für die heutige Zeit umrissen werden.

Einleitend muss an den Grundgedanken der UNO-Charta erinnert werden: kein Weltstaat, sondern eine (Welt)Föderation von freien, gleichwertigen Staaten als Rechtssubjekte. Ihr Modell einer «Staatengesellschaft» entspricht dem «Völkerbund» von Kant, einem Gegner der Weltstaatsidee: «Das Völkerrecht soll auf einen Föderalism freier Staaten gegründet sein.» So steht es im «Zweiten Definitivartikel zum ewigen Frieden».[1] Kant sieht – wie Vattel in seinem Droit des gens von 1758 – die Staaten als freie und gleichwertige Rechtssubjekte:

«Völker als Staaten», sagt Kant, «können wie einzelne Menschen beurteilt werden, deren jeder, um seiner Sicherheit willen, von dem andern fordern kann und soll, mit ihm in eine, der bürgerlichen ähnliche, Verfassung zu treten, wo jedem sein Recht gesichert werden kann. Das wäre ein Völkerbund, der aber gleichwohl kein Völkerstaat sein müsste.» [2]

Bei Vattel heisst es, fast wörtlich, ebenso:

«Da die Nationen aus Menschen bestehen, die von Natur frey und unabhängig sind und vor Errichtung bürgerlicher Gesellschafften in einem natürlichen Zustande lebten; So müssen die Nationen oder souveränen Staaten als eben so viel freiye Personen angesehen werden, die unter sich in einem natürlichen Zustande leben.» [3]

Neueren Forschungen zufolge, benutzt Kant mit grösster Wahrscheinlichkeit für seinen «Ewigen Frieden» Vattels Droit des gens 1758[4] als «hidden sources».[5] Der Kantsche «Völkerbund» entspricht Vattels «Gesellschaft der Nationen» («Societé des Nations»). Analog zur «bürgerlichen Gesellschaft» im Staat, die eine Gemeinschaft freier und gleich an Rechten geborener Bürger ist. Auch bei Vattel gibt es keine Unter- noch Überordnung in der Societé des Nations, sondern nur Gleichberechtigung.[6] Es gibt also eine gewisse Traditionslinie von Emer de Vattels Völkerrecht (1758/1760) über Kants «Ewigen Frieden» (1796) bis zur Uno-Charta (1945).

Völkerrecht ist für Vattel die Anwendung des Naturrechts auf das Verhältnis der Staaten untereinander. Mit Vattel erhält das moderne Völkerrecht nach 250 Jahren Wachstum seine endgültige Grundgestalt, die es bis heute hat. Das ist umso bedeutender, als Vattel in seinem Droit des gens nicht nur die naturrechtliche Verfassung der «Staatengesellschaft» der Nationen beschreibt, sondern auch die naturrechtliche Verfassung der einzelnen «Körper» dieser «Staatengesellschaft»: die Grundgestalt des modernen souveränen Verfassungsstaats mit einem ersten Begriff von Menschenrechten als Schutz des Bürgers vor dem Gewaltmonopol des Staates. Ein Staat ist für Vattel eine Nation, die sich ihre Verfassung und ihre Regierung gibt. «Die Nationen oder Staaten», sagt Vattel,

«sind politische Körper, Gesellschafften von Menschen, die sich zusammen verbunden haben, ihre Wohlfahrth und ihren Nuzen mit vereinigten Kräfften zu befördern. Eine solche Gesellschafft hat ihre Angelegenheiten und Interesse; Sie überlegt und beschliesst gemeinschafftlich und wird dadurch eine moralische Pherson, die ihren eigenen Verstand und Willen hat, und zu Rechten und Verbindlichkeiten fähig ist.»[7]

Neuenburg, seine Heimat, ist damals preussisches Fürstentum, aber kulturell und von der Verwaltungsstruktur her Teil der eidgenössischen Kultur.[8] Vattels Grundlagen werden zusammen mit den Werken von Grotius und Pufendorf von den amerikanischen Gründervätern übernommen und fliessen 1776 in die Unabhängigkeitserklärung der USA und in die erste Verfassung eines modernen Staates: Virginia 1776. Vor allem Vattels Begründung, dass eine kulturelle Einheit innerhalb eines Staates ein natürliches Recht hat, friedlich den Rechtskörper des Staates zu verlassen, um einen eigenen Staat zu gründen, ist für die Unabhängigkeitserklärung entscheidend.[9] Vattel und die Westschweizer Naturrechtsschule stehen damit in der Mitte des 18. Jahrhunderts an einem bedeutenden Punkt in der Geschichte des modernen Staates und des Völkerrechts: Vattel kann Mitte des 18. Jahrhunderts für sein Völkerrecht aus der rund 250 jährigen Geschichte des modernen Naturrechts ab dem ersten Drittel des 16. Jahrhunderts schöpfen: von der Schule von Salamanca[10] über Grotius,[11] den Westfälischen Frieden und die Verträge von Münster und Osnabrück, über Pufendorf,[12] Thomasius,[13] Wolff,[14] um nur einige Meilensteine zu nennen.

 

Zur Geschichte des modernen Völkerrechts

Die durch das Naturrecht, vor allem seit der frühen Neuzeit, beförderte Menschen- und Völkerrechtsordnung bildet in der europäischen Geschichte seit der frühen Neuzeit den humanen Kontrapunkt gegen das Dogma des reinen Machtstaates: «Der Nutzen sei der einzige und wahre Grund des Rechts.»[15]

«Europa bietet in einem Zeitraum von anderthalb Jahrtausenden den Anblick mit ungeheurer Schnelligkeit erblühender und verwelkender Reiche; die Aura der Macht, die eines nach dem anderen über den Erdkreis wirft, scheint kaum mehr zu sein als ein Blitz; nach dem Zerfall des Reiches […] vollzieht sich der Wechsel der Vormacht in immer gefährlicherer Schnelle; die höchste Macht: das Imperium, das heisst das Erbe Roms, wird als Antrieb in allen Völkern lebendig; es ist, als habe das längst hingeschwundene römische Weltreich noch in seinem Untergang tödlichen Samen gestreut: alle Völker, selbst diejenigen, deren natürlicher Lebensraum einer solchen Nachfolge spottet, erstreben cäsarische Macht. […] Lissabon zur Zeit des portugiesischen Imperiums […] [erhob] den Anspruch, Rom, das zugleich als Stadt der Caesaren wie des Papstes erschien, zu übertreffen. Die architektonischen Formen Roms, die in fast allen Machtzentren Europas und selbst Amerikas erscheinen, bekunden eine Nachfolge nicht nur im künstlerischen Sinn: sie drücken die Übernahme einer gefährlichen Erbschaft aus, deren dämonischem Zwang die Völker, sobald ihr Machtbewusstsein wuchs, nicht widerstehen konnten. […] Und Rom, so dürftig auch die Mauerreste sind, die es im Gebiete Londons hinterliess, durchwuchs in der Tat die englische Hauptstadt, die Formen wieder emportreibend, die einstmals die Weltherrschaft ausdrückten […].»[16]

Die Geschichte des modernen Völkerrechts beginnt im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts als heftige Auseinandersetzung mit der blutigen Eroberung und Kolonisierung Amerikas durch die spanischen und portugiesischen Weltreiche. Spanien ist damals die einzige Nation, in der eine Gruppe einflussreicher Christen, Dominikaner, das Unrecht des Kolonialismus’ öffentlich bekämpft: die Schule von Salamanca. Vor allem in ihr entsteht das frühe moderne Völkerrecht, das von Anfang an angewandtes Naturrecht ist.

Die spanischen Rechtsgelehrten dieser Naturrechtsschule treten ihren christlichen Landsleuten in den mittel- und südamerikanischen Kolonien mit der revolutionären Forderung entgegen, dass alle Menschen, auch die heidnischen Indios, allein weil sie der menschlichen Gattung angehören, frei und gleich geboren sind.[17] Das Recht auf Leben und Freiheit formulieren sie rund 200 Jahre vor der Aufklärung des 18. Jahrhunderts, sei nicht davon abhängig, ob man getauft sei, sondern natürliches Recht. Die von den Naturrechtlern der Schule von Salamanca erstrittenen «neuen Rechte» gelten ab 1542 für die Indios, scheitern aber 1545 an der Gegenwehr der spanischen Kolonialisten.[18] Man muss aber sehen: Mit der Gegenwehr der Schule von Salamanca gegen das Unrecht werden die Grundzüge dessen geschaffen, was die Aufklärung des 18. Jahrhunderts nur noch umzusetzen braucht.

Neben alten Rechtsgebilden wie Verfassungen, Thronfolgerecht, Lehnrecht und Kirchenrecht bildet sich nun das «frühmoderne Völkerrecht» als ein eigenständiges besonderes Recht zwischen den voneinander unabhängigen weltlichen und klerikalen Herrschaftsgebilden heraus, den «frühmodernen Staaten».[19] Mehr als hundert Jahre später ist das Völkerrecht ein ‘junger Mann’ geworden: Mit den Friedensverträgen von Münster und Osnarbrück endete 1648 der Dreissigjährige Krieg, und das moderne Völkerrecht beginnt den Aufbau der Westfälischen Ordnung. Man spricht auch davon, dass die Epoche des modernen Europäischen Völkerrechts beginnt. Abermals mehr als hundert Jahre später, im 18. Jahrhundert, vor allem mit der Westschweizer Naturrechtsschule und dem dreibändigen Völkerrecht von Emer de Vattel von 1758 erreicht das moderne Völkerrecht seine Reifeform, die es in Grundzügen bis heute beibehält.

Mit den völkerrechtlichen Friedensverträgen von 1648 und dem mächtigen Wirken des aufblühenden modernen Naturrechts in die europäische Kultur hinein beginnt ein Prozess der rechtlichen Neuordnung Europas und seiner Machtgebilde: Die frühneuzeitliche Staatenwelt beginnt sich zu wandeln in ein (internationales) System, in dem Staaten die alleinigen Subjekte der Politik sind, souverän und gleichberechtigt – wie die Bürger im Staat: frei und gleich an Rechten von Natur aus. Die Regierung vertritt als Exekutive den Staat gegen aussen. Alle klerikalen und adeligen Interessensgruppen und alle Bürger verzichten im Staat auf Gewalt, Faustrecht und Selbstjustiz. Innerhalb klarer Grenzen besitzt der Staat das Gewaltmonopol. Nur Staaten dürfen Krieg führen. Das ist die Grundidee, die Vattel in seinem Völkerrecht kodifiziert.

Diese Umwandlung geschieht wie alle historischen Prozesse fliessend. Nach dem Ende des Dreissigjährigen Krieges entwickeln sich die Völkerrechtsverträge weiter, und zwar inmitten bestehendem älteren Recht – wie Verfassungsrechte, Thronfolgerechte, Lehnsrechte und kanonische Rechte – zwischen den katholischen Mächten und zwischen  diesen und dem Papst nebeneinander her, und der Kaiser ist weiterhin defensor ecclesiae (Verteidiger der Kirche). Zusammen bilden all diese Rechtssysteme die damalige Rechtsstruktur der europäischen Ordnung. Das sich herausbildende Völkerrecht baut zum Teil auf den historisch älteren Rechtsregelungen auf, knüpft an sie an, wird durch sie begrenzt oder wirkt auch auf sie ein. Es besteht bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts hinein ein komplexes Geflecht von Rechtsbeziehungen zwischen den weltlichen und kirchlichen Herrschern und Herrschaftsgebilden auf unterschiedlichen Rechtsebenen, in dem sich die überkommene und die neu gestaltete Völkerrechtsordnung überlagern. Mit der Französischen Revolution beginnt dann die Phase, in der die überkommenen Rechtsstrukturen gänzlich aufgegeben werden.[20] Lehnsrecht, Erbfolgekriege und das Reich verschwinden, Kirche und Staat werden getrennt.

Die Herausbildung dieser (neuen) Westfälischen Ordnung der europäischen Staatenwelt ist weder geradlinig oder schematisch, noch beruht sie auf «historischer Notwendigkeit» oder einem wie immer gearteten Geschichtsgesetz, das eine völkerrechtliche Ordnung auf der Grundlage souveräner, gleichberechtigter Staaten schuf. Der Prozess vollzieht sich vielmehr in einem Europa, in dem Monarchien, Republiken, Einheitsstaaten, das Reich, kleinere und grosse, unabhängige und lehnsabhängige Staaten usw. ihre egoistischen Macht-Interessen weiterhin verfolgen. Kaiser, Papst, das Haus Habsburg und ihre Konkurrenten, nämlich die französische sowie die zeitweise damit konkurrierende schwedische Krone, streben weiterhin nach universaler Macht und Hegemonie und sind Gegner der entstehenden Völkerrechtsordnung und der Menschenrechte.[21]

Und inmitten dieses ständigen Wandels bildet die Eidgenossenschaft seit 1648, als sie «volle Freiheit und Exemtion vom Reich»[22] erlangt, nahezu unverändert einen ruhigen Pol, um den herum Mächte ständig aufsteigen auf zerfallen.

 

Aus der christlichen Kultur heraus entstanden

Das neuzeitliche Naturrecht seit der Schule von Salamanca, das in der frühen Neuzeit in Europa aus der christlichen Kultur heraus entsteht, geht von der menschlichen Sozialnatur aus, also von Anthropologie, und mündet spätestens mit Hugo Grotius und Samuel Pufendorf Mitte des 17. Jahrhunderts in das Projekt einer «Grundwissenschaft des sozialen Lebens» (Erik Wolf) des Menschen.[23] Nicht im Gegensatz zur christlichen Lehre oder im Kampf gegen sie. Auch nicht als Anwendung der neuen physikalischen oder mathematischen Methoden der aufkommenden Naturwissenschaften. Es ist eine eigenständige Erfahrungswissenschaft, die aus der menschlichen Sozialnatur natürliche Gesetzmässigkeiten des sozialen Zusammenlebens ableitet. Prägnant wie kaum jemand formuliert das Samuel Pufendorf:

«Der Mensch ist also das Lebewesen, das am meisten auf seine Selbsterhaltung bedacht ist. Dabei ist er aber auf sich allein gestellt ganz hilflos. Er ist nicht in der Lage, ohne Unterstützung von seinesgleichen zu überleben, ist aber auch bestens geeignet zur gegenseitigen Förderung. […] Daraus ergibt sich, dass der Mensch, um zu überleben, ein Leben in Gemeinschaft führen muss, d.h., er muss sich mit seinen Mitmenschen zusammentun und sich ihnen gegenüber so betragen, dass sie ihrerseits nicht jeden Vorwand ergreifen, ihm zu schaden, sondern statt dessen bereit sind, auch seinen Vorteil zu wahren und zu fördern. Die Regeln dieses Gemeinschaftslebens oder die Lehren darüber, wie sich ein jeder betragen muss, um ein nützliches Glied der menschlichen Gesellschaft zu sein, werden als Naturrecht bezeichnet. Daraus ergibt sich folgende Grundregel des Naturrechts: Jeder muss die Gemeinschaft nach Kräften schützen und fördern. Nach dem Grundsatz: ´Wer ein Ziel will, dessen Wille umfasst notwendigerweise auch die Mittel, ohne die das Ziel nicht erreicht werden kann.´ folgt daraus: Gebot des Naturrechts ist alles, was für das Leben in Gemeinschaft notwendig und nützlich ist; was stört und schadet, ist verboten. Alle übrigen Vorschriften, deren Richtigkeit im Lichte der natürlichen Vernunft, die dem Menschen gegeben ist, unmittelbar einleuchtet, sind nur Folgesätze dieses obersten Grundsatzes. […] Die Natur des Menschen ist so beschaffen, dass die Menschheit ohne das Leben in der Gemeinschaft nicht bestehen kann. Und der Mensch ist auch imstande, mit Hilfe seines Verstandes, die hierher gehörenden Gebote zu erkennen.»[24]

Dieses Projekt einer Wissenschaft vom Menschen entsteht von Christen innerhalb des Christentums im Einklang mit der Bibel, aber versteht sich nicht als Theologie, sondern als Anwendung vernünftigen rationalen Denkens und Schliessens auf die Natur des Menschen. Hier wächst heran, was im 18. Jahrhundert als politische Aufklärung auftritt: Naturrecht. Etwas vereinfacht skizziert Pufendorf es so: Die Theologie lehrt uns über das Leben nach dem Tode, das Naturrecht gibt uns die Regeln des Gemeinschaftslebens auf dieser Erde vor dem Tode. Es entwickelt sich das Naturrecht seit der Schule von Salamanca innerhalb des Christentums zu einer Bewegung gegen die Unterdrückung fremder Völker im Namen des Christentums. Es beruft sich schon ganz zu Anfang auf die angeborene Freiheit und Gleichheit aller Menschen, rund 250 Jahre vor der Französischen Revolution.

 

Historische Wurzeln der Westschweizer Naturrechtsschule

Die Westschweizer Naturrechtsschule baut auf den erwähnten ersten grossen Systemen des modernen Naturrechts von Hugo Grotius und Samuel Pufendorf auf.[25] Das moderne Naturrecht wächst seit der Übernahme der Aristotelischen Philosophie in die katholische Lehre durch Thomas von Aquin und in der Folge der Schule von Salamanca aus dem christlichen Naturrecht herausund übernimmt dabei (ohne grundsätzlichen Widerspruch) von den parallel zu ihm entstehenden Wissenschaften ein neues Verständnis von Natur – im Gegensatz zum Naturverständnis der griechisch römischen Antike. Das verbindet sich mit der christlichen Anthropologie des Neuen Testaments.

Natur ist nicht mehr gedacht als ein von Prinzipien (zum Beispiel das «Ur-Eine») gesteuerter Kosmos und nicht mehr als unmittelbar von Gott gesteuerte Welt (Einheit von Gott und Welt). Vielmehr sieht man die Natur immer mehr als Schöpfung eines wie ein Uhrmacher verstandenen Gottes, dessen Schöpfung nach den ihr innewohnenden Natur-Gesetzmässigkeiten ohne unmittelbares Eingreifen des Schöpfers abläuft. Diese natürlichen Gesetzmässigkeiten sind keine ewigen göttlichen Gesetze, sondern die Wirkweisen all der Dinge der Natur, einschliesslich des Menschen. Dabei greift man die naturrechtliche Tradition Griechenlands und Roms auf und verbindet sie mit der Botschaft des Christentums von der Gleichwertigkeit aller Menschen: «Da ist weder Jude noch Grieche, da ist weder Sklave noch Freier, da ist nicht Mann und Frau. Denn ihr alles eins in Christus Jesus.»[26]

Der Gedanke setzt sich durch, dass allen Menschen natürliche Rechte zukommen, weil sie Teil der Schöpfung sind. Es ist die Zugehörigkeit zur Gattung Mensch, also seine Natur, kraft der er Rechtssubjekt ist. Es gibt im Naturrechtsdenken keine Menschen, die Nicht-Menschen wären. Dem Menschen sind in diesem Verständnis natürliche Rechte angeboren, wie es dann 1948 in Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte heissen wird: «Alle Menschen sind frei und gleich an Rechten geboren.»[27] Anthropologische Natur-Konstanten also, nur nicht in der Sprache der Mathematik geschrieben.

Hugo Grotius geht von diesem neuen Verständnis von Natur aus, wenn er 1625 schreibt: «Das Naturrecht ist so unveränderlich, dass selbst Gott es nicht verändern kann. Denn obgleich die Macht Gottes unermesslich ist, so kann man doch manches ausführen, worauf sie sich nicht erstreckt.»[28] Dieses Projekt einer Wissenschaft vom Menschen[29] und den natürlichen Gesetzmässigkeiten seines Gemeinschaftslebens ergänzt die personalen Ansätze des christlichen Menschenbildes: Der Mensch, als Person zu Vernunft und Willen fähig, ist verantwortlich für seine Taten, sie sind ihm zuzurechnen. Das Individuum ist das frei geborene moralische Zentrum, das Entscheidungen fällen kann, und verantwortlich ist, richtig oder falsch zu handeln. Die politische Aufklärung des 18. Jahrhunderts baut auf diesem ca. zwei Jahrhunderte davor entwickelten Ansatz auf und wendet ihn auf die konkreten Fragen des Staats- und Völkerrechts an. Martin Kriele betont: Die politische Aufklärung

war Naturrechtslehre. Sie orientierte sich an der Natur des Menschen als Mensch, nicht als Katholik oder Protestant, als Christ oder Heide, als Europäer oder Asiate, als Freier oder Sklave usw. Ihre Frage war die nach den Bedingungen, unter denen die Menschen friedlich und freundlich zusammenwirken können. Ihre Antwort war: indem sie sich in den Rechtszustand versetzen, und das heisst in einer Formel Kants: indem sich die Menschen und Staaten gegenseitig als gleichberechtigt anerkennen und ihre Freiheit nach allgemeinen Gesetzen soweit einschränken, dass die Freiheit eines jeden mit der Freiheit aller zusammen bestehen kann. In dem sie das tun, ordnen sie ihre tierisch-biologische Natur ihrer Vernunftnatur unter und überwinden damit das Prinzip vom Recht des Stärkeren, Schnelleren, Schlaueren, Brutaleren, Skrupelloseren. Damit schaffen sie zugleich die Freiheit, in der jeder Mensch und jedes Volk sich selbst bestimmen kann, um die besten in ihm angelegten Möglichkeiten zu verwirklichen, brüderlich zusammenzuarbeiten und miteinander Frieden zu halten. Frage und Antwort haben rein innerweltlich-rationalen Charakter und sind an keinerlei theologische Voraussetzung gebunden. In ihnen drückt sich das naturrechtliche Minimum aus, das alle Religionen, Kulturen, Traditionen übergreift und das unerlässlich ist, um eine universelle Friedensordnung zu begründen.[30]

Im 17. Jahrhundert erklärt dann Pufendorf, «dass das Natur- und das Völkerrecht nicht auf die Christenheit eingeschlossen sei, sondern alle Völker aller Religionen verbinde, weil alle zur Menschheit gehören. […] Der religiöse Glaube begründet nicht und behindert nicht die Rechtspflicht.»[31] In dieser politischen Aufklärung bildet Emer de Vattel einen bedeutenden Höhepunkt.

 

Emer de Vattel, Couvet und Neuchâtel

Emer de Vattel wird am 25. April 1714 in Couvet, im Kanton Neuenburg geboren. Die Reichsgrafschaft Neuenburg gehört seit 1504 den Herzögen von Orléans-Longueville, die 1707 aussterben. Aus fünfzehn Herrscherhäusern wählt das Neuenburger «Drei-Stände-Gericht» den preussischen König aus und erhält einen preussischen Gouverneur, verwaltet aber seine inneren Angelegenheiten selbst.

Vattels Vater ist Pastor zu Couvet und wird vom preussischen König geadelt. Der Sohn studiert zunächst in Basel Theologie und Philosophie, hört bei dem Hugenotten Pierre de Roques (1685–1748) Naturrecht nach Samuel Pufendorf. Roque stützt sich auf die französischen Pufendorf-Übersetzungen Jean Barbeyracs (1674–1744),[32] eines Vertreters der Westschweizer Naturrechtsschule, der ebenfalls aus einer aus Frankreich geflüchteten Hugenottenfamilie stammt.[33] Ab 1733 studiert Vattel in Genf Theologie und Metaphysik und wendet sich schliesslich der Jurisprudenz zu. Hier lernt er den zweiten bedeutenden Vertreter der Westschweizer Naturrechtsschule kennen, Jean-Jacques Burlamaqui (1694–1748), den Schüler von Jean Barbeyrac, der seit 1720 über Natur- und Völkerrecht liest.

1742 bemüht sich Vattel vergeblich um eine feste Anstellung in Berlin am Hof Friedrichs II. In Dresden erhält er schliesslich am Hof des Kurfürsten von Sachsen und Königs von Polen, August III., eine Stelle als Botschaftsrat. 1749 wird er von August III. zum «Legations-Rathe» ernannt und nach Bern gesandt. In den folgenden neun Jahren schreibt er neben anderen kleineren Schriften sein 1758 veröffentlichtes Droit des Gens nieder, wobei er sich meist in seiner Heimat Neuchâtel aufhält. Während des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) wird Vattel zum Geheimrat befördert und arbeitet im Kabinett für Auswärtige Angelegenheiten von August III. mit. 1766 muss er sich aus gesundheitlichen Gründen aus dem diplomatischen Dienst zurückziehen und stirbt mit 53 Jahren 1767 während eines Erholungsurlaubs in Neuenburg.[34] Seine berufliche Laufbahn spiegelt sich in seinem dreibändigen Droit des Gens. Es ist verständlich, präzise und knapp formuliert, um das Naturrecht Botschaftern, Diplomaten und höheren Regierungsvertretern zugänglich zu machen und ihnen vernünftige Begriffe zu geben, statt sie durch komplizierte philosophische, gar lateinische Abhandlungen abzuschrecken.

Vattel steht in der kontinentaleuropäischen Tradition des modernen Naturrechts, das sich über 250 Jahre von der Schule von Salamanca über Hugo Grotius, Samuel Pufendorf, Christian Thomasius bis zu seinem Lehrer Christian Wolff hin entwickelt – um nur einige der wichtigsten Stationen zu nennen. Vattel gibt mit seinem Droit des Gens den philosophischen und systematischen Grundlagen der modernen Völkerrechtslehre ihre abschliessende und bis heute gültige Formulierung. Es umschliesst die naturrechtliche Begründung des Nationalstaats, das kompromisslos auf der Demokratie als ursprüngliche Regierungsform ruht.

 

Die Westschweizer Naturrechtsschule

Juristischer Unterricht hat in der Schweiz eine lange Tradition, aber erst parallel zur Entwicklung des modernen Natur- und Völkerrechts erfährt er einen eigentlichen Aufschwung. Zwischen 1528 und 1600 entstehen in der Schweiz Rechtsschulen. An der 1460 gegründeten Universität Basel besteht von Anfang an eine juristische Fakultät. Im Zuge der Reformation entstehen 1559 die Akademie von Genf und 1537 die von Lausanne, 1525 die Höhere Schule für Theologie in Zürich und 1528 die Hohe Schule Bern. 1582 in Fribourg und 1600 in Luzern werden theologische Schulen gegründet. An all diesen Institutionen wird auch juristischer Unterricht erteilt.[35] Die meisten der zwischen 1460 und 1600 gegründeten Akademien und Hohen Schulen werden im 19. Jahrhundert zu Universitäten mit weiteren juristischen Fakultäten. 1838 und 1898 kommen die Akademie von Neuenburg und die Handelsakademie von St. Gallen hinzu.

Im 18. Jahrhundert wird das Gebiet der heutigen Schweiz durch die Rezeption der Werke von Hugo Grotius, Samuel Pufendorf und Christian Wolff zu einem führenden Zentrum des neuzeitlichen Natur- und Völkerrechts, vor allem auch durch die Übersetzung und Verbreitung des neuzeitlichen Naturrechts auf Französisch durch die Westschweizer Naturrechtsschule.[36] Eine wichtige Rolle spielen dabei die protestantischen Schulen. Johann Rudolf von Waldkirch (1678–1757) lehrt in Lausanne, Bern und Basel über Samuel Pufendorfs Schriften.[37] Andreas Weis (1713–1792), Anhänger der Naturechtslehre von Hugo Grotius, lehrte in Basel Ethik, Natur- und Völkerrecht.[38] Johan (oder Hans) Heinrich Schweizer (1646–1705), der «kleine Grotius von Zürich» genannt, lehrt in Zürich.[39]

Die Aufnahme des Naturrechts geschieht in der Schweiz besonders stark durch religiöse und konfessionelle Flüchtlinge in der französischsprachigen Westschweiz, die zu einem bedeutenden Naturrechtszentrum wird. Der aus Frankreich geflohene Hugenotte Jean Barbeyrac (1674–1744) studiert in Genf und Frankfurt/Oder und lehrt von 1709 bis 1717 in Lausanne Naturrecht und Geschichte. Er fertigt die erste Übersetzung ins Französische von Samuel Pufendorfs De jure naturae et gentium und von De jure belli ac pacis von Hugo Grotius. Jean-Jacques Burlamaqui (1694–1748) lehrt ab 1723 in Genf Naturrecht. Der dritte grosse Name innerhalb der Westschweizer Naturrechtsschule ist Emer de Vattel(1714-1767) mit seinem Droit des Gens (1758).

Barbeyrac und Burlamaqui übersetzen und kommentieren Samuel Pufendorfs – der den weltweit ersten Lehrstuhl für Naturrecht in Heidelberg hält – in Latein und Frühneuhochdeutsch verfasstes erstes vollständige System des modernen Naturrechts ins Französische. Es ist lange Zeit in ganz Europa Lehrbuch an Schulen und Universitäten, vor allem auch Grundlagenlektüre der Juristen.[40] Auch die anderen wesentlichen Texte des modernen Naturrechts übersetzen die beiden ins Französische: Grotius, Thomasius und Wolff. Im 18. Jahrhundert löst Französisch Latein ab und wird als Sprache des Adels die Domäne der internationalen Beziehungen und der Diplomatie. Die beiden Philosophen-Übersetzer schlagen mit ihren Übersetzungen und Kommentaren entscheidende Brücken zur französischsprachigen Kultur (Montesquieu, Voltaire, Rousseau, Diderot, d’Alembert) und zur französischen Aufklärung.
Die Westschweiz als ein Zentrum des neuzeitlichen Natur- und Völkerrechts mit ihren Naturrechtslehrstühlen in Genf, Lausanne und Neuenburg sind in der Schweiz führend. Sie sind aber auch die einzigen Naturrechtslehrstühle im gesamten französischen Sprachraum und strahlen damit auch nach Frankreich aus. Durch die Westschweizer Naturrechtsschule kommt umgekehrt die politische Aufklärung vermehrt in die Schweiz und befruchtet sowohl die Auseinandersetzung mit dem Naturrecht als auch mit den gesellschaftlichen und staatlichen Grundlagen. «Die Westschweizer Naturrechtsschule […] und Jean-Jacques Rousseau verschaffen […] den Schweizer Aufklärern erste Grundlagen zu einer demokratischen Theorie.»[41] Sie verbinden die historisch weit vor die Aufklärung zurückreichende Tradition der genossenschaftlichen Selbstverwaltung und das damit verbundene Freiheitsstreben(Demokratie/Volkssouveränität) mit der naturrechtlichen Rechtsgleichheit der politischen Aufklärung (Gewaltenteilung und Menschenrechte) und vor allem mit der Rousseauschen Volkssouveränität. Diese Synthese bestimmt 1848 die Gründung des Bundesstaates der Eidgenossenschaft entscheidend.

Und im Geschichtsbuch der rund 350-jährigen Entwicklung des neuzeitlichen Naturrechts von der Schule von Salamanca bis zur Gründung des Schweizer Bundesstaates 1848 ist Emer de Vattels Name mit dem verbunden, was Friedrich Schiller 1789 in seiner Antrittsvorlesung an der Universität Jena über den Sinn der Geschichte sagt. Darauf soll abschliessend eingegangen werden.

 

«Werde, der du bist»

«Das Naturrecht», resümiert Hans Welzel 1990, «hat dem menschlichen Geist eine sachliche Aufgabe gestellt, der dieser in einem zweieinhalb Jahrtausende währenden Gespräch nachgekommen ist. Dieses Gespräch ist alles andere als eine verwirrende Vielfalt einander widersprechender und übertönender Stimmen, sondern entwickelt in sachgebundener Auseinandersetzung die vom Thema nahegelegten Lösungsmöglichkeiten. Gerade die Geschichte des Naturrechts bietet ein bemerkenswertes Beispiel für die Einheit des geschichtlichen Geistes, wenn er an einer sachlichen Aufgabe orientiert ist. Sie bildet […] eine innerlich zusammenhängende Gedankenfolge, bei der jede spätere Generation die von der früheren geschaffene Problemlage als sachliche Aufgabe übernimmt und weiterführt.»[42]

Dieses zweieinhalb Jahrtausende währende Gespräch ist immer ein Ringen um die Grundfrage gewesen: Nach welchen (natürlichen) Regeln müssen wir das Zusammenleben gestalten, dass der Mensch das verwirklichen kann, was in seiner Menschennatur als Möglichkeit angelegt ist: Mitmensch zu werden. Der antike griechische Dichter Pindar fasst es in die Formel: «Werde, der du bist.»[43] Ich habe Bedeutende Grundlinien dieser Geschichte – darin eingebettet, das Werk Emer de Vattels – wurden zu skizzieren versucht.

Betrachtet man die Geschichte des Naturrechts aus diesem Blickwinkel, dann ist sie mehr als das Sammeln von «Daten» oder Lesen von Büchern. Dann wird sie, wie Friedrich Schiller 1789 in seiner Antrittsvorlesung als Professor für Geschichte in Jena es nennt, zur «Universalgeschichte». Aus der Menge der geschichtlichen Begebenheit, sagt Schiller, «hebt der Universalhistoriker diejenigen heraus, welche auf die heutige Gestalt der Welt und den Zustand der jetzt lebenden Generation einen wesentlichen, unwidersprechlichen […] Einfluss gehabt haben.»[44] Er erkenne sich eingebunden in den Strom der Geschichte und ziehe aus der Vergangenheit Schlüsse für die Zukunft, und so breite die Universalgeschichte «optisch täuschend sein kurzes Daseyn in einen unendlichen Raum aus, und führt das Individuum unvermerkt in die Gattung hinüber. […] die Geschichte allein bleibt unausgesetzt auf dem Schauplatz, eine unsterbliche Bürgerin aller Nationen und Zeiten».[45] Sie legt Zeugnis ab, meint Schiller mit diesem Bild, von den Irrungen und Fortschritten der Menschen, die um die allen gemeinsame Aufgabe ringen: «Eine Bestimmung theilen Sie alle auf gleiche Weise mit einander,» ruft Schiller seinem jungen Publikum zu, «diejenige, welche Sie auf die Welt mitbrachten – sich als Menschen auszubilden – und zu dem Menschen eben redet die Geschichte.»[46] «Beklagenswerther Mensch, der […] nichts Höheres will und ausrichtet, als der Taglöhner mit dem schlechtesten»,[47] denn dieser fühle sich «abgeschnitten, herausgerissen aus dem Zusammenhang der Dinge, weil er unterlassen hat, seine Tätigkeit an das große Ganze der Welt anzuschliessen.»[48] Die darauffolgenden Worte Schillers sind zugleich eine wunderbare Würdigung der historischen Leistung von Emer de Vattel:

«[um] Unser menschliches Jahrhundert herbey zu führen haben sich – ohne es zu wissen oder zu erzielen – alle vorhergehenden Zeitalter angestrengt. Unser sind alle Schätze, welche Fleiß und Genie, Vernunft und Erfahrung im langen Alter der Welt endlich heimgebracht haben. Aus der Geschichte erst werden Sie lernen, einen Werth auf die Güter legen, denen Gewohnheit und unangefochtener Besitz so gern unsre Dankbarkeit rauben: kostbare theure Güter, an denen das Blut der Besten und Edelsten klebt, die durch die schwere Arbeit so vieler Generationen haben errungen werden müssen! Und welcher unter Ihnen, bey dem sich ein heller Geist mit einem empfindenden Herzen gattet, könnte diese hohen Verpflichtung eingedenk seyn, ohne daß sich ein stiller Wunsch in ihm regte, an das kommende Geschlecht die Schuld zu entrichten, die er dem vergangenen nicht mehr abtragen kann? Ein edles Verlangen muß in uns entglühen, zu dem reichen Vermächtniß von Wahrheit, Sittlichkeit und Freyheit, das wir von der Vorwelt überkamen und reich vermehrt an die Folgewelt wieder abgeben müssen, auch aus unsern Mitteln einen Beytrag zu legen, und an dieser unvergänglichen Kette, die durch alle Menschengeschlechter sich windet, unser fliehendes Daseyn zu befestigen. Wie verschieden auch die Bestimmung sey, die in der bürgerlichen Gesellschaft Sie erwartet – etwas dazu steuern können Sie alle! Jedem Verdienst ist eine Bahn zur Unsterblichkeit aufgethan, zu der wahren Unsterblichkeit meyne ich, wo die That lebt und weiter eilt, wenn auch der Nahme ihres Urhebers hinter ihr zurückbleiben sollte.» [49]

 

 

Anmerkungen

[1] Immanuel Kant, Werke in zwölf Bänden, Band 11, Frankfurt/Main 1977, S. 208.
[2] Ebd., S. 208.
[3] Emer de Vattel, Des Herrn von Vattels Völkerrecht oder gründliche Anweisung, wie die Grundsätze des natürlichen Rechtsauf das Betragen und auf die Angelegenheiten der Nationen und Souveräne angewendet werden müssen, Band 1–3. Aus dem Französischen übersetzt von Johann Philip Schulin, Franckfurt/Leipzig 1760, Band 1, Teil 1, § IV.
[4] Emer de Vattel, Droit des gens, ou principes de la loi naturelle appliqués à la conduite et aux affaires des nations et des souverains, Leiden 1758.
[5] Christoph Good, Emer de Vattel (1714–1767) – Naturrechtliche Ansätze einer Menschenrechtsidee und des humanitären Völkerrechts im Zeitalter der Aufklärung, Zürich/St. Gallen 2011, S. 51.
Vgl. Reinhard Merkel, «’Lauter leidige Tröster’»? – Kants Entwurf «Zum ewigen Frieden» und die Idee eines Völkerstrafgerichtshofs, in: ARSP: Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, Vol. 82, No. 2 (1996), S. 161–186.
Vgl. auch: W. Ossipow, Kant’s Perpetual Peace and it’s Hidden Sources: A Textual Approach, in: Swiss Political Science Review, 14 (2008), Issue 2, S. 357–389.
[6] Emer de Vattel, 1758, Band 1, Teil 1, §12.
[7] Emer de Vattel, 1760, Band 1, Teil 1, §2.
[8] Vgl. Als Preussen sein Stück Schweiz verlor. Der Abschluss des Neuenburgerhandels vor 150 Jahren, in: Neue Zürcher Zeitung vom 12. Juni 2007.
Vgl. J. J. Hottinger, Neuenburg in seinen geschichtlichen und Rechts-Verhältnissen zu der Schweiz und zu Preussen, Zürich 1853.
[9] Johannes J. Manz, Emer de Vattel. Eine Würdigung, Zürich 1971, S. 168–172.
[10] Vgl. Iris Glockengiesser, Mensch-Staat-Völkergemeinschaft, Bern 2011.
[11] Hugo Grotius, De jure belli ac pacis, Paris 1625.
Hugo Grotius, Vom Recht des Krieges und des Friedens, neuer deutscher Text und Einleitung von Dr. W. Schätzel, Tübingen 1950.
[12] Samuel Pufendorf, De iure naturae et gentium libri octo, 1672.
Samuel Pufendorf, Acht Bücher vom Natur- und Völcker-Rechte / mit des … Johann Nicolai Hertii, Johann Barbeyrac u. a. hochgelehrten Männern außerlesenen Anm. erl. u. in die teutsche Sprach übers. Franckfurt a. M 1711. [Nachdruck: Hildesheim 2001]
Samuel Pufendorf, De officio hominis et civis prout ipsi praescribuntur lege naturali, 1673.
Deutsche Übersetzung: Samuel Pufendorf, Über die Pflicht des Menschen und des Bürgers nach dem Gesetz der Natur, Frankfurt/Main 1994.
[13] Vgl. Ernst Bloch, Christian Thomasius, ein deutscher Gelehrter ohne Misere, Frankfurt/Main 1968.
Christian Thomasius, Summarischer Entwurff Derer Grund-Lehren / Die einem Studioso Iuris zu wissen / und auff Universitäten zu lernen nöthig / nach welchen D. Christian Thomas. Künfftig / so Gott will Lectiones privatissimas zu Halle / in vier unterschiedenen Collegiis anzustellen gesonnen ist, Halle 1699.
[14] Franz Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Entwicklung, Göttingen 1967, S. 318–321.
[15] Hugo Grotius, 1950, S. 32.
[16] Reinhold Schneider, Macht. Die Rechtfertigung der Macht, in: Reinhold Schneider, Gesammelte Werke, herausgegeben von Edwin Maria Landau, Band 8, Frankfurt/Main 1977, S. 16–17.
[17] Vgl. Franciscus de Vitoria, De Indis recenter inventis et de jure belli Hispanorum in Barbaros relectiones, 1539, Vorlesung über die kürzlich entdeckten Inder und das Recht der Spanier zum Krieg gegen die Barbaren, herausgegeben und übersetzt von Walter Schätzel, Tübingen 1952.
Vgl. auch: Jörg Fisch, Die europäische Expansion und das Völkerrecht. Die Auseinandersetzungen um den Status der überseeischen Gebiete vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Stuttgart 1984.
[18] Vgl. Martin Neumann, Las Casas. Die unglaubliche Geschichte von der Entdeckung der Neuen Welt, Freiburg/Br. 1990, S. 177–186.
[19] Vgl. Gerhard Oestreich, Geist und Gestalt des frühmodernen Staates. Ausgewählte Aufsätze, Berlin 1969.
[20] Vgl. Ernest Nys, La Révolution francaise et le droit international, in: Ders., Etudes de droit international et de droit politique, Brüssel/Paris 1896.
Vgl. Robert Redslob, Histoire des Grands Principes du Droit des Gens depuis l’Antiquité jusque’a la veille de la Grande Guerre, Paris 1923.
Vgl. Wolfgang Martens, Völkerrechtsvorstellungen der französischen Revolution in den Jahren von 1789 bis 1793, in: Der Staat 3(1964), S. 295–314.
Wilhelm G. Grewe, Epochen der Völkerrechtsgeschichte, Baden-Baden 1988, S. 485–488.
[21] Vgl. Johannes Burkhardt, Die Friedlosigkeit der Frühen Neuzeit. Grundlegung einer Theorie der Bellizität Europas, in: ZHF 24 (1997), S. 509–574, S. 514–516.
[22] Marco Jorio, Westfälischer Frieden, in: Historisches Lexikon der Schweiz, 28. Oktober 2013.
[23] Erik Wolf, Grosse Rechtsdenker der deutschen Geistesgeschichte, 4. Auflage, Tübingen 1963, S. 260.
[24] Samuel Pufendorf, 1994, Kapitel 3, § 7, § 8, § 9, § 11.
[25] Vgl. Horst Denzer, Moralphilosophie und Naturrecht bei Samuel Pufendorf, München 1972.
[26] Die Zürcher Bibel, Zürich 2007, Brief an die Galater, Kapitel 3, Vers 28
[27] Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948, Resolution 217 A (III), Artikel 1 [eigene Hervorhebung, MN]
[28] Hugo Grotius, 1950, S. 51.
[29] Vgl. Simone de Angelis, Anthropologien. Genese und Konfiguration einer Wissenschaft vom Menschen in der Frühen Neuzeit, Berlin/New York 2010.
[30] Martin Kriele, Die demokratische Weltrevolution und andere Beiträge, Berlin 1997, S. 15–16. [eigene Hervorhebungen, MN]
[31] Pufendorf, zit. nach Johann Caspar Bluntschli, Das modern Völkerrecht der civilicierten Staaten als Rechtsbuch dargestellt, Nördlingen 1872, S. 19. [Hervorhebungen im Original, MN]
[32] Daniel Brühlmeier, Natural Law and Early Economic Thought in Barbeyrac, Burlamaqui, and Vattel, in: John Christian Laursen, New Essays on the Political Thought of the Huguenots of the Refuge, Leiden/New York/Köln 1995, S. 53–72, S. 66.
[33] Vgl. ebd., S. 53–72.
[34] Vgl. E. Béguelin, En souvenir de Vattel, in: Recueil de travaux offert par la Faculté de Droit de l’Université de Neuchâtel à la Société Suisse des Juristes à l’occasion de sa réunion à Neuchâtel, 15.–17. September 1929, S. 35–176
[35] Vgl. Eduard His, Anfänge und Entwicklung der Rechtswissenschaft in der Schweiz bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, in: Hans Schulthess (Hg.), Schweizer Juristen der letzten hundert Jahre, Zürich 1945, 1–58.
Vgl. auch: Louis Carlen et al. (Hg.), Hundert Jahre Rechts- und Wirtschaftsgeschichte an der Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg, Freiburg 1982.
[36] His, S. 45–50.
[37] Ebd., S. 39.
[38] Ebd., S. 45.
[39] Ebd., S. 47.
[40] Sieglinde C. Othmer, Berlin und die Verbreitung des Naturrechts in Europa, Berlin 1970, S. 135–206.
Simone Zurbuchen, Naturrecht und natürliche Religion. Zur Geschichte des Toleranzbegriffs von Samuel Pufendorf bis Jean-Jacques Rousseau, Würzburg 1991, S. 77–102.
[41] René Roca, Menschenbild und Naturrecht, in: Zeit-Fragen, Nr. 26, 21. August 2013.
[42] Hans Welzel, Naturrecht und materiale Gerechtigkeit, Göttingen 1990, S. 8. [eigene Hervorhebung, MN]
[43] Vers 72 der zweiten pythischen Ode Pindars lautet «γένοι‘, οἷος ἐσσὶ μαθών». Werner Jaeger hat ihn mit «Werde, der du bist!» übersetzt. So hat er auch in die pädagogische Fachliteratur Eingang gefunden.
[44] Friedrich Schiller, Was heisst und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte? Antrittsvorlesung Friedrich Schillers zur Professur für Geschichte an der Universität Jena, in: Der Teutsche Merkur, 1773–89, 4. Band 1789, S. 105–135, S. 127.
[45] Ebd., S. 133.
[46] Ebd., S. 6–7.
[47] Ebd., S. 109.
[48] Ebd., S. 110.
[49] Ebd., S. 134–135.

Autor

Moritz Nestor, Psychologe

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