Es gibt keine Abstufung in der Wertigkeit eines Menschen

29. Oktober 2016

Leserbrief 11. Juli 2016 Deutsches Ärzteblatt

Prof. Dr. med. Paul Cullen mahnt in seinem Leserbrief zur Wachsamkeit vor einer utilitaristischen Denkweise in der Medizin, insbesondere vor dem Hintergrund unserer deutschen Geschichte.

 

“Noch nicht überwunden
In diesem interessanten Artikel zur Euthanasie von Kindern in der „Kinderfachabteilung“ der Landes-Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg zwischen 1941 und 1945 wird berichtet, dass der Leiter dieser Abteilung, Willi Bäumert, sich in Bezug auf ein vermutlich geistig behindertes zwölfjähriges Mädchens fragte, „ob bei der Wertlosigkeit dieses Menschenmaterials in der (…) Kriegszeit mehr [Pflege] verantwortet werden könne.“

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Zu solchen Fragen kommt man, wenn man bestimmte andere Menschen als „wertloses Menschenmaterial“ betrachtet. Entweder ist uns klar, dass wir alle gleichwertig sind, oder es drängt sich eher früher als später die „Materialfrage“ auf.

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Wer meint, wir hätten diese Denkfigur heutzutage überwunden, hat nicht zur Kenntnis genommen, dass genau solche utilitaristischen Überlegungen in der Debatte um die reinen Selektionstechniken Präimplantationsdiagnostik (PID), nichtinvasive Pränataldiagnostik und leider auch zuletzt in der Diskussion über ärztliche Beihilfe zum Suizid eine wichtige Rolle gespielt haben.

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Es gibt keine Abstufung in der Wertigkeit eines Menschen. Vielmehr ruft unser ärztliches Ethos uns dazu auf, uns gerade um die Schwachen und Kranken, die Verzweifelten und Verlorenen zu kümmern. Unser Berufsstand darf sich nicht dafür hergeben, den leider wieder weit verbreiteten neo-eugenischen Vorstellungen in unserer Gesellschaft wie damals Vorschub zu leisten.

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