Hans Dieter Schelauske
Naturrechtsdiskussion in Deutschland
Ein Überblick über zwei Jahrzehnte 1945-1965
Bachem 1968
Der totale Krieg, den das Dritte Reich geführt hatte, endete mit dem totalen Zusammenbruch. Die Überwindung der Unrechtsherrschaft setzte ehe neue Regelung des sozialen Zusammenlebens der Menschen und Gruppen nach den Massstäben der Gerechtigkeit voraus. ‚Wir haben es erlebt, dass der Staat, der der Vertreter des Rechts sein sollte, der Staat in seiner totalitären Form, als Förderer dessen auftrat, was wenigstens einem grossen Teil der Menschheit als Ungerechtigkeit erscheint.‘ Der praktischen Rechtsauflösung war als Wegbereiterin eine fortlaufende theoretische Auflösung des Rechtsgedankens vorangegangen, die in der Verneinung der selbständigen Bedeutung der Rechtsidee zum Rechtspositivismus führte. Der Platz war leer, als der totale Staat kam, seinen Machtwillen an die Stelle des Rechts setzte und rücksichtslos die positivistischen Grundsätze anwandte, die natürlich nicht für eine solche Anwendung gedacht waren. Der Rechtspositivismus war durch das Ereignis des Zusammenbruchs kompromittiert. Die Reaktion war eine spontane Hinwendung zum Naturrecht. Eine Erörterung begann, die Theologen, Juristen und Philosophen gleichermassen auf den Plan rief und von 1945 bis 1965 beschäftigte. Das literarische Niederschlag dieser Renaissance des Naturrechts füllt einige stattliche Bücherregale. Das Buch ist eine Bestandsaufnahme dieser zwanzigjährigen Diskussion und Grundlage für weiterführende Diskussionen. Denn die Naturrechtsfrage ist, wie Thomas Württemberger sagte, «eine echt philosophische Fragestellung, die mitten in den Kern menschlicher Existenz führt». (Siehe auch: Die Naturrechtsrenaissance in Deutschland nach 1945 in ihrem Historischen Kontext – Mehr als nur eine Rechtsphilosophische Randnotiz? – Assist. Prof. Dr. Dr. Arndt Künnecke (pdf)