Karl Heinz Roth (Hg.)
Erfassung zur Vernichtung
Von der Sozialhygiene zum «Gesetz über Sterbehilfe»
Berlin 1984
«Kostendämpfung» und «Sozialabbau» zur Bewältigung der Krise brachten Politiker schon einmal dazu, nur noch zwischen Gesunden und Toten zu unterscheiden. Parallelen sind auffallend. Pate für die deutsche Sozial- und Bevölkerungspolitik der 80er Jahre steht der Sozialhygieniker Alfred Grotjahn, gest. 1931. Seine Konzepte wurden von den Nazis nicht annähernd verwirklicht. Die „Erbbiologische Bestandsaufnahme“ funktionierte seit den 20er Jahren und ermöglichte den Zugriff auf das unangepaßte „böse Drittel“. Voraussetzung war die lückenlose Erfassung aller Personendaten aus Anstalten und Heimen, Kranken- und Melderegister, Polizeiakten, Arbeits-, Standes- und Sozialämtern. Diskussionsprotokolle zum „Gesetz über Sterbehilfe“ (>Euthanasie-Gesetz<) belegen, daß die Übernahme der Anstaltsmorde in öffentliche Verwaltungspraxis geplant war.