Victor Farias
Heidegger und der Nationalsozialismus
Frankfurt/Main 1989
Als die französische Erstausgabe des Buches 1987 erschien, löst es einen mittleres Erdbeben unter Europas Intellektuellen aus. Martin Heidegger, die Ikone der akademischen Avantgarde, ein Brauner! Schon Guido Schneeberger hat 1962 in seiner «Nachlese zu Heidegger» das Jahr untersucht, in welchem Heidegger Rektor der Universität Freiburg/Br. war, und genügend an Dokumenten für ein ausgewogenes Urteil über die Rolle zusammengetragen, die Martin Heidegger als eilfertigen Kumpan der Nationalsozialisten zeigte. Auch der Freiburger Professor der PhilosophieRainer Marten hat in den Siebzigerjahren diese dunkle Vergangenheit seines einstigen Lehrers immer wieder offen angesprochen. Der Freiburger Germanist Prof. Carl Pietzcker zitierte in der Freiburger Stadtzeitung und anderswo jenen anderen Heidegger, der zum Beispiel 1933 as Rektor der Freiburger Universität seinen Studenten sagte: «Nicht Lehrsätze und ‚Ideen‘ seien die Regeln Eures Seins. der Führer selbst und allein i s t die heutige und künftige deutsche Wirklichkeit und ihr Gesetz. … Heil Hitler! Martin Heidegger, Rektor». Doch in der Öffentlichkeit herrschte weithin ein «Pakt des Verschweigens» und der «lautlosen ideellen Verabredung», auf den grossen Heidegger nichts kommen zu lassen.
Doch 1987 ging die Ära des Ostblocks zuende und interessanterweise liess gerade diese Umbruchszeit eine kritischere Beschäftigung mit Martin Heidegger in der Öffentlichkeit zu. Victor Farias lüftete den Muff des Tausendjährigen Reiches unter Heideggers Talar und schrieb eine politische Biographie, welche die Begeisterung Heideggers für den Nationalsozialismus so umfassend darstellte, dass der «Pakt des Verschweigens» nicht mehr haltbar war. Nun aber unternahm es Jürgen Habermas von der Frankfurter Schule, Heideggers braune Vergangenheit, nun da sie nicht mehr zu verschweigen war, doch wieder zu relativieren: «Zwischen Werk und Person darf kein kurzschlüssiger Zusammenhang hergestellt werden.» (Vorwort in Farias, S. 34) Dass allerdings die braune politische Vergangenheit des Menschen Martin Heidegger sehr wohl und sehr viel etwas mit dem Werk des Philosophen Martin Heidegger zu tun hat, hat 1998 der deutsch-persische Philosoph Hassan Givsan in seinem Buch «Eine bestürzende Geschichte: Warum Philosophen sich durch den ‚Fall Heidegger‘ korrumpieren lassen» minutiös herausgearbeitet.
James Bracque
Der geplante Tod
Deutsche Kriegsgefangene in amerikanischen
und französischen Lagern 1945-1946
Selent: Pour le Merite 2008
Der Forschungsbericht ist erstmals 1989 erschienen. 2008 erschien eine erweiterte Neuauflage. Als «Other Losses» («andere Verluste») tarnten der US-Streitkräfte 1956/46 das Massensterben deutscher Kriegsgefangener in amerikanischen Lagern auf deutschem Boden. Der kanadische Historiker James Bracque arbeitet heraus, dass General Eisenhower diesen Massenmord gezielt betrieben und systematisch verschleiert hat. Die Bilanz: In den berüchtigten Lagern der Franzosen und der Amerikaner auf den Rheinwiesen wurden nach Kriegsende fast eine Million deutscher Kriegsgefangener durch Hunger vernichtet. «Eisenhowers Hass, toleriert von einer ihm gefügigen Militärbürokratie, erzeugte diesen Horror der Todeslager, der mit nichts in der amerikanischen Militärgeschichte vergleichbar ist», schreibt Dr. Ernst F. Fisher, jun., pensionierter Oberst der US-Army 1988 im Vorwort zur aktuellen Ausgabe. Aber nicht nur ehemalige Soldaten, auch Frauen und Kinder waren unter den Opfern. Kinder, die erst sechs Jahre alt waren, schwangere Frauen, Männer über sechzig, alles konnte man unter den Gefangenen in diesen Lagern finden. Aus französischen Berichten geht hervor, dass sich unter 100 000 Personen, die von den Amerikanern an die Franzosen übergeben wurden, 32 640 Frauen, Kinder und alte Männer befanden. Ein schrecklich schweres Buch, ein nötiges Buch. Es gibt der Wahrheit die Ehre. Und es macht klar, dass Nürnberg im Prinzip nötig war. Dass aber auf der Anklagebank dort einige Massenmörder in Amt und Würden fehlten, die sich hinter Richterroben versteckten.
Bruno Grimm
Gau Schweiz?
Dokumente über die nationalsozialistischen Umtriebe in der Schweiz
Herausgegeben von der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz
Zürich: Jean Christoph Verlag 1939
«Wenn die Propaganda ein ganzes Volk mit einer Idee erfüllt hat, kann die Organisation mit einer Handvoll Menschen die Konsequenzen ziehen.», schreibt Adolf Hitler in «Mein Kampf», die SPS zitiert ihn auf Seite 29 dieser Schrift. Man wusste 1939 nur zu gut, was das hiess. «Gau Schweiz?» fragt die SPS, «Das Hakenkreuz über der freien Eidgenossenschaft? – Welcher Schweizer, stehe er in diesem oder jenem Parteilager, schrickt da nicht auf und nimmt unwillkürlich die entschlossenste, verbissenste Abwehrstellung an! … Die Gefahr bannen, heisst sie erkennen. …Darum halten wir es für einen Dienst am Lande, wenn in der vorliegenden … Dokumentation die weitverstreuten Teilerscheinungen ertsmals gesammelt und zur Kenntnis gebracht werden. Und wir bitten im Interesse von Volk und Heimat jeden Eidgenossen: orientiere dich rechtzeitig, erkenne die Gefahr und handle als Schweizer! Zürich, Mai 1993, Sekretariat der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz: Stocker.» Eine Broschüre, die weit über die Aufgabe der Abwehr nationalsozialistischer Propagandaeinflüsse hinausweist, und zwar auf die immerwährend geforderte Wachsamkeit aller Völker: «Die Gefahr bannen, heisst sie erkennen» gilt zu allen Zeiten, vor allem immer auch dann, wenn imperiale Machtansprüche sich fünfter Kolonnen bedienen, um Brückenköpfe im zu erobernden Land bilden zu können. «Wenn man jemand eine Wohlthat anzunehmen zwingen will,» schreibt der Schweizer Natur- und Völkerrechtler Emer Vattel 1760, «so mus man eine Gewalt über ihn haben; die Nationen aber sind durchaus frey und unabhängig. Die ehrsüchtigen Europäer, welche die Amerikanischen Nationen angreifen, um sie, wie sie sagen, gesitteter zu machen, und in der wahren Religion zu unterrichten; diese unrechtmässige Eroberer, sage ich, versteiften sich auf einen eben so lächerlichen als ungerechten Vorwand.»
Jürg Stüssi-Lauterburg & Hans Luginbühl
Freier Fels in brauner Brandung. Die Schweiz in den schwersten Jahren des Bundesstaates 1940 bis 1942
Baden 2009
„Zum Unbehagen im Kleinstaat Schweiz gehört, dass die Leistungen des eigenen Landes systematisch verkleinert werden. Ein Schriftsteller verkürzt «Rettungsboot» zu «Boot» und «stark besetzt» zu «voll», ein anderer behauptet, das Réduit, diese «hochgemute Idee», habe aus den Schweizer Soldaten «Verteidiger der Murmeltiere» gemacht!
Wie war das doch gleich? Diese naheliegende Frage beantwortet das vorliegende Buch. Erstmals werden die amerikanischen diplomatischen Depeschen aus der vom braunen Ozean umbrandeten Schweiz umfassend ausgewertet und für die Geschichtsschreibung herangezogen. …

Winston Churchills Karte von 1941
Ein Gesamtkunstwerk, das jene harten Jahre in der Schweiz atmet, ist das Berner Rathaus, das in der Amtszeit von Regierungsrat Robert Grimm 1940 bis 1942 so grundlegend umgestaltet wurde … . Angesichts durch die Bedrohung durch die Nazis hatte der einstige Generalstreikführer die Mehrheiten für dieses Werk in der einigenden Gewissheit gewonnen, dass es den Schulterschluss aller demokratischen Kräfte bedurfte, um sich der Bedrohung mit Aussicht auf Erfolg zu erwehren.
Die Bauinschrift fasst das Vermächtnis der Zeit, bernisch knapp, aber mit überschiessender Bedeutung für die ganze Schweiz, klar zusammen.
«Volk von Bern. Die Erneuerung dieses Rathauses in schwerer Zeit ist Ausdruck Deines stolzen Willens. 1940-42»
Daran eine von den Unbillen der totalitären Epoche sehr weit entfernte schweizerische Gegenwart zu erinnern, ist unser Ziel!“
Wolfgang Schumann (Hg.)
Konzept für die «Neuordnung» der Welt. Die Kriegsziele des faschistischen deutschen Imperialismus im zweiten Weltkrieg.
Berlin (Ost) 1977
Eine Dokumentation aus dem Blickwinkel der DDR mit Moskau-Schlagseite. Und doch: Eine Fundgrube für sonst eher schwer zugängliche Dokumente und Quellen. Zum Beispiel viele Dokumente, die zeigen, wie die Pläne für die «Neuordnung» Europas als «Grossraum unter deutscher Führung» weitgehend auf den Machtbereich hinauslief, den heute die EU beansprucht. Das «neue Europa» sollte schliesslich in einem «Europäischen Staatenbund» enden: ein «in sich geschlossenes und einiges Europa», um «im Wettkampf und Handelsverkehr der Gesamtwelt eine führende Rolle zu spielen». In solchen und ähnliche Worten, die aus ähnlichen Machtansprüchen stammen und von heutigen Äusserungen nur schwer zu unterscheiden sind, schrieb zum Beispiel Richard Riedl unter dem Titel «Weg zu Europa – Gedanken über ein Wirtschaftsbündnis europäischer Staaten» ein Programm für die Schaffung einer «europäischen Wirtschaftsgemeinschaft» – lange bevor es eine solche gab. Riedls Denkschrift wird dem IG-Farben-Konzern zugerechnet, wo sie im 1944 «Arbeitskreis für Aussenwirtschaftsfragen» zirkulierte.
Hiltgunt Zassenhaus.
Ein Baum blüht im November.
Ein ergreifendes Zeugnis der Nächstenliebe und Menschlichkeit
aus dem Zweiten Weltkrieg
Hiltgunt Margret Zassenhaus (1916 – 2004) war eine Hamburger Ärztin und Autorin. Ihre Unterstützung skandinavischer Gefangener im Zweiten Weltkrieg machte sie zum «Engel von Fuhlsbüttel»: Nach der deutschen Invasion in Dänemark und Norwegen 1940 wurden zahlreiche Gefangene in die Hamburger Strafanstalt Fuhlsbüttel verbracht. Im Oktober 1942 war ein Höchststand von 469 norwegischen Häftlingen zu verzeichnen. Die Justizverwaltung stellte am 17. Okt 1942 Hiltgunt Zassenhaus als Dolmetscherin und zur Briefzensur ein, die sie jedoch unterlief.
Hiltgunt Zassenhaus
Halt Wacht im Dunkel
Wedel in Holstein: Alster Verlag 1947
Die erste romanhafte Verarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus, in der die Autorin in Hamburg als Zensorin und Übersetzerin für Häftlinge aus Skandinavien gearbeitet hat. In späteren Jahren behandelte Hiltgunt Zassenhaus dieses Thema noch einmal in dem Roman «Ein Baum blüht im November».
Der Spiegel vom 17. Januar 1948 meldet «Hiltgund Zassenhaus, die Hamburger Studentin, durch ihre Betreuung skandinavischer KZ-Häftlinge während des Krieges bekannt, erhielt eine besondere dänische Unterstützung. Damit sie ihr medizinisches Studium an der Universität Bergen finanzieren kann, soll der Ertrag aus der dänischen Auflage ihres Buches „Halt Wacht im Dunkel“ ihr allein zukommen. Verleger, Uebersetzer, Druckerei und Händler verzichteten auf ihren Gewinnanteil von 30000 Kronen zugunsten der Autorin.»
Helga Hirsch
Die Rache der Opfer. Deutsche in polnischen Lagern 1944-1950
Berlin 1998
Heinz Esser
Die Hölle von Lamsdorf. Dokumentation über ein polnisches Vernichtungslager
Herausgeber: Landsmannschaft der Oberschlesier e. V. Bundesverband, Ratingen, Haus Oberschlesien
Dülmen 1981