Marguerite A. Sechehaye
Tagebuch einer Schizophrenen: Selbstbeobachtungen einer Schizophrenen während der psychotherapeutischen Behandlung
Frankfurt/Main 1973
Marguerite A. Sechehaye (1887 – 1964) war eine Schweizer Psychoanalytikerin, die ihre Lehranalyse bei Raymond de Saussure absolvierte. Sie gehört zu den ersten Psychotherapeuten, die sich mit den Psychosen auseinandersetzte und das schizophrene Erleben zu verstehen suchte. In ihrem «Tagebuch» schreibt sie: «Der Schizophrene aber, auch wenn er sich in einem Zustande geistigen und physischen Verfalls befindet, der an Wahnsinn gemahnt, bleib im Besitz einer Seele, einer Intelligenz und hat zuweilen sehr heftige Gefühle, die er jedoch nicht auszudrücken mag. Sogar in Zeiten totaler Gleichgültigkeit oder Erstarrung, in denen er nichts mehr spürt, bleibt dem Kranken noch eine unpersönliche Hellsicht, die ihn nicht nur befähigt, wahrzunehmen, was um ihn herum vorgeht, sondern auch, sich über seinen Gemütszustand klarzuwerden. (…) Und dann entdecken wir bei ihm ein ganzes Leben, bestehend aus Kämpfen, unsäglichen Qualen, armseligen Freuden, ein Gefühlsleben, das dem Anschein nach nicht zu vermuten war und das für den Psychologen äusserst aufschlussreich ist.» 1947 erscheint das Buch in französischer Sprache. Es schildert die zehnjährige, erfolgreiche Psychotherapie Renées, eines jungen Mädchens mit der Diagnose Schizophrenie. 1950 veröffentlichte sie ein zweites Buch über dieselbe Patientin unter dem Titel «Tagebuch einer Schizophrenen: Selbstbeobachtungen einer Schizophrenen während der psychotherapeutischen Behandlung». Darin beschreibt das junge Mädchen ihr Erleben während der Therapie. Sechehaye kommentiert diese Schilderungen im zweiten Teil. Später adoptierte Sechehaye Renée. Renée legte ihr Pseudonym ab und wurde unter ihrem wirklichen Namen Louisa Düse Psychotherapeutin. Zwischen 1951 und 1952 hielten Sechehaye und Düse Vorlesungen an der psychiatrischen Universitätsklinik Burghölzli in Zürich. Diese erschienen 1954 unter dem Titel «Introduction à une psychothérapie des schizophrènes». Sechehayes Arbeiten wurden von Psychoanalytikern und Psychotherapeuten aufgegriffen, die unter anderem auch von ihr lernten, verstehend Zugang zum schizophrenen Erleben zu gewinnen, zum Beispiel Silvano Arieti (1915–1981), Gaetano Benedetti, Luc Ciompi und Erich Wulff.