Niederländer baut Selbstmord«beratungsstellen» auf

27. November 1998

Derzeit laufen sowohl in der Schweiz als auch in den Niederlanden Gesetzgebungsverfahren, wonach Tötung auf Verlangen und Beihilfe zum Suizid («Sterbehilfe», «Euthanasie») freigegeben werden sollen. In der Schweiz sollen sich sogar medizinische Laien als «hilflose Helfer» ausgeben dürfen, wenn sie Patienten getötet haben.

Wie die Deutsche Hospiz-Hilfe berichtet, sollen jetzt ‑ auf Initiative eines niederländischen Vereins ‑ «europäische Selbstmordberater» in alle Länder der EU geschickt werden, die Lebensmüde «professionell» beraten, wie sie sich am besten umbringen. Soll damit auch für die Schweiz ein künstlicher Bedarf an «liberaler» «Euthanasie»gesetzgebung im wahrsten Sinne des Wortes herbeigepresst werden?

Der Verein «De Einder» des 56jährigen Willem Muns aus Nieuw Annerveen in den Niederlanden besteht seit etwa fünf Jahren. Finanziert wird das Unternehmen durch «freiwillige Spenden» der Mitglieder und Klienten des Vereins. Kürzlich trat Muns in einer Fernsehsendung erstmals an die Öffentlichkeit. Er bezeichnet sich als «ersten europäischen Selbstmordberater». Monatlich berate er etwa 3-4 Menschen. Zusammen mit sieben Mitarbeitern erhielten so monatlich zwischen 20 und 30 Personen Rat, wie sie sich «sauber», wie er es nennt, das Leben nehmen könnten.

Peinlich genau achtet Muns, dass er keine juristische Grenze überschreitet und wegen «Beihilfe zum Suizid» verklagt werden kann. Er hat eine wichtige politische Funktion: Er macht öffentlichen Druck für eine noch weitgehendere Liberalisierung der «Euthanasie»gesetzgebung in den Niederlanden: Bis heut halten die Niederlande daran fest, dass nur Ärzte, nicht aber medizinische Laien, Patienten straffrei töten oder ihnen beim Selbstmord «helfen» dürfen, wenn sie sich dabei an die sogenannten «Regeln der Sorgfalt» halten. Nichtmediziner dürfen – auch nach zwanzig Jahren Liberalisierung – in den Niederlanden keine «Euthanasie» begehen – zum Leidwesen von Leuten wie Willem Muns. Ihm ist das zu wenig.

Wie Alberto Bondolfi in der Schweiz will auch er, dass nicht nur Ärzte, sondern jedermann Beihilfe zum Suizid als auch Tötung auf Verlangen soll begehen dürfen: Wenn jemand sterben will, geht zum Arzt und bittet um Gift, dann reagieren die meisten Ärzte.

Nach Muns übernehme der Verein «De Einder» sowohl im Interesse der Gesellschaft als auch im Interesse der Selbstmörder eine wichtige Funktion: «Europäische Selbstmordberater» wie er sorgten dafür, dass Selbstmord «sauber» durchgeführt werde. Es sei «unappetitlich», «blutige Fleischklumpen» am Ende eines Zuges auflesen zu müssen, so sein brutaler Kommentar.

Jeder zehnte der «Ratsuchenden» kämen aus Deutschland. Willem Muns und seine sechs Kollegen wittern dort eine mörderische Marktlücke: »Aus verschiedenen Städten, darunter auch Rostock, kamen Anfragen nach Möglichkeit einer Gründung deutscher Filialen.»

Welches Land wird wohl danach von diesen «europäischen Selbstmordhelfern» angegangen werden?

Das Gespräch mit Muns ist wie ein Gang durch den Fluss des Vergessens in die Unterwelt. Man spricht mit einem Nihilisten, der jenseits von Gut und Böse, von Moral und Werten redet, denkt, handelt. In Muns´ Welt gilt nichts als Muns. Fehler mache er keine. Wie ein Roboter aus einem Science Fiction Film argumentiert er mit einem grenzenlosen Überlegenheitsattitüde: «Der Mensch ist gut. Er bestimmt sich selbst. Dazu gehört der Freitod. So einfach ist das!»

Muns ist mehr als sicher. Argumentieren will er gar nicht. Eine philosophische weltanschauliche Begründung für seine einfachen Lehrsätze? Schweigen. Begründungen gibt er nicht, will er nicht geben, braucht er auch nicht: «Das ist ein Glaube.»

Nach welchen Autoren er sich richte: «Erasmus von Rotterdam und die Humanistische Psychologie.» Inhaltlich verweigert er jede Auskunft. Stereotyp kommt immer nur das eine Wort: «Selbstbestimmung».

Willem Muns nennt sich «humanistischer Geistlicher», nach seinen Worten ein «Pfarrer ohne Gott». Ausgebildet wurde er an der «Humanistischen Universität» der Niederlande.

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