Ökonomisierung des Gesundheitswesens, Beispiel Deutschland – Arbeitssituation der Deutschen Vertragsärzte

15. Juni 2002

Die vertragsärztliche Gegenwart im Lichte des Burnout-Syndroms; die wirtschaftliche Entwicklung und die ärztliche Selbstverwaltung in der vertragsärztlichen Meinung“. Unter diesem Titel hat die Brendan-Schmittmann-Stiftung im März 2002 in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Schleswig/Holstein, Sachsen, Sachsen/Anhalt, Mecklenburg/Vorpommern, Hamburg, Nordrhein/Westfalen, Baden/Württemberg, Bayern und Thüringen insgesamt 5’750 Vertragsärzte befragt, und zwar Angehörige der Fachrichtungen Allgemeinmedizin/Praktiker, Innere, Gynäkologie, HNO, Pädiatrie, Urologie, Orthopädie und Dermatologie. Zusammenfassung der Ergebnisse:

·      Die Befragten arbeiten durchschnittlich 11 Stunden werktags und behandeln dabei durchschnittlich 51 Patienten. (Bei einer 5 Tage Arbeitswoche entspricht das 55 Arbeitsstunden in der Woche bzw. die Behandlung von 255 Patienten pro Woche.)

·      60 % leiden darunter, zu wenig Zeit für ihre Patienten zu haben.

·      Etwa ¾ ist mit der Praxisorganisation zufrieden.

·      90 % fühlen sich von ihren Helferinnen zuverlässig unterstützt.

·      Nur die Hälfte der Vertragsärzte ist mit der Zeiteinteilung ihres Arbeitstages zufrieden und gibt dem aus der Arbeitsfülle entspringenden Druck, durch Absenkung der eigenen Ansprüche an die Arbeit, nicht nach.

·      59 % fühlen sich von der Arbeit auslaugt, 58 % sind am Ende eines Arbeitstages völlig erledigt, 57 % essen unregelmäßig und in Eile, 49 % klagen über Schlafstörungen.

·      Eine deutliche Mehrheit der Vertragsärzte ist offensichtlich nicht Burnout gefährdet. 20 % sind oft verzweifelt und 26 % würden am liebsten alles hinwerfen.

·      Bei 69 % leidet unter der Überbeanspruchung in der Praxis das Privatleben. 21 % haben genügend Zeit für die persönlicher Interessen.

·      71 % fühlen sich durch die ungünstige wirtschaftliche Situation in der BRD belastet. Die Ungewissheit einen guten Erlös beim Verkauf der Praxis zum Berufsende zu erzielen, ist für 69 % ein Belastungsfaktor und 63 % empfinden die eigenen finanziellen Verpflichtungen als Belastung. 52 % meinen, dass in den letzten 5 bis 7 Jahren viele Vertragsärzte gravierende wirtschaftliche Probleme bekommen haben. Für 60 % ist die wirtschaftliche Zukunft insgesamt sehr beängstigend. Wirtschaftliche Probleme für die eigene Praxis erwarten 23 % und 52 % rechnen zum Teil damit.

·      Mehr als 90 % fühlen sich durch die Gesetzgebung im Gesundheitswesen und durch die Einflussnahme der Politik bzw. der Kassen auf die Patientenversorgung belastet.

·      51 % hält die ärztliche Selbstverwaltung für unverzichtbar, für 31 % ist sie nur teilweise unverzichtbar. Für 23 % sind die Kassenärztlichen Vereinigungen unverzichtbar und für die knappe Hälfte sind sie teilweise unverzichtbar. 2/3 meinen, die Kassenärztlichen Vereinigungen müssten reformiert werden.

·      Den Sicherstellungsauftrag wollen 45 % der Vertragsärzte unbedingt bei den Kassenärztlichen Vereinigungen belassen, 33 % wollen ihn zum Teil dort belassen.

·      Eine Übernahme der Aufgaben der Kassenärztlichen Vereinigungen durch die Ärztekammern bzw. durch die freien Berufsverbände wird von mehr als 60 % der Vertragsärzte abgelehnt.

·      Die Ausstattung der Kassenärztlichen Vereinigungen mit professionellen, hauptamtlichen Führungen, ähnlich denen in großen Wirtschaftsunternehmen, wird von 56 % der Vertragsärzte gefordert.

·      Nur 5 % glauben, dass die Funktionäre der Kassenärztlichen Bundesvereinigung die Interessen der Vertragsärzte wirkungsvoll gegenüber Kassen und Politik vertreten, 42 % sind zum Teil dieser Meinung.

·      16 % üben neben Ihrer Tätigkeit als niedergelassener Arzt noch eine Funktion in einem Berufsverband, der Kassenärztlichen Vereinigung oder der Ärztekammer aus.

Die komplette Befragung kann bezogen werden bei: Brendan-Schmittmann-Stiftung, Geschäftsstelle Berlin, Chausseestraße 99, 10115 Berlin, Telefon: 030 / 285 269 18 – Fax: 030 / 285 269 15

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