Philipp Witkop
Kriegsbriefe gefallener Studenten
München 1928
Das Buch erlebte zwischen 1915 und 1928 verschiedene Ausgaben und wurde ständig erweiter. Der Autor, Philipp Witkop, war Germanistik-Professor an der Albert-Ludwigs-Universität zu Freiburg/Br. Aus vielen Tausenden von ihm von Verwandten zugesandten Feldpostbriefen wählte er die aussagekräftigsten aus. Das Buch ist eines der erschütterndsten Dokumente, das belegt, dass die Menschen nicht gerne oder aus einer angeblichen angeborenen Mordlust in den Krieg ziehen, wie dies zur gleichen Zeit Sigmund Freud in seinem bei Brai Brit gehaltenen Vortrag „Unser Verhältnis zum Tode“ (1915) erdichtete: «Die Menschen sterben wirklich, auch nicht mehr einzeln, sondern viele, oft Zehntausende an einem Tage. … Das Leben ist freilich wieder interessant geworden, es hat seinen vollen Inhalt wiederbekommen.» (Freud: Unser Verhältnis zum Tode, Seite 51)
In dem Brief Brief des Studenten Johannes Haas vom 7. Oktober 1915 aus Jouy heisst es: «Mein lieber Vater! Wie groß ist der kleine Konrad geworden, wie männlich und stark. Mit welcher Seelengröße hat er sich durch die Schwere der Zeit gerungen, mit der ich so machtlos rang. Mein lieber Bruder, im Tode hast Du mich auf den richtigen Weg geführt.
Sieh, lieber Vater, jetzt bin ich ähnlich wie Du: Was man ‚Patriotismus‘ nennt, den Klimbim habe ich nicht. Wohl aber Erbarmen, Mitfühlen mit der Not des lieben deutschen Volkes, Einsehen und Helfenwollen für die Schwächen und Fehler. Und so will ich denn nicht aus meinem Volke fliehen, auch nicht mit den Gedanken und dem Herzen. – Nein, mich mitten hineinstellen in die große Not, in den Jammer. Ein rechter Kämpfer sein für mein Volk. Frei sein von von dem proletarischen Klassenhaß. Mit liebeblutendem Herzen zu Felde ziehen gegen alles, was nicht so ist, wie es sein soll in unserem Volke oben und unten! …» In seinem letzten Brief vom vom 1. Juni 1916 heisst es: «Liebe Eltern! Ich liege auf dem Schlachtfeld mit Bauchschuß. Ich glaube, ich muß sterben. Bin froh, noch einige Zeit zu haben, mich auf die himmlische Heimkehr vorzubereiten. Dank Euch, Ihr lieben Eltern! Gott befohlen. Hans»