Sean Penn: „Verrat an unseren eigenen Prinzipien, an unserer Geschichte, der Verfassung“

19. Juni 2003 Moritz Nestor


 


 

 

Unter der Überschrift «Kilroy´s still here»[1] veröffentlichte am 30. Mai 2003 der Filmschauspieler und Regisseur Sean Penn eine ganzseitige Erklärung in der New York Times. Darin verurteilt er die Kriegspolitik der Bush-Regierung und ruft zu einer Wiederbelebung der Demokratie in Amerika auf.

Penn ist – auch als Regisseur ‑ seit über zwanzig Jahren im Filmgeschäft und war bereits dreimal für den Oskar nominiert. Im Dezember 2002 hatte Penn den Irak besucht und ein Land vorgefunden, das «der am meisten zurückgeworfene, verhungerte, verseuchte und vergiftete Ort ist, den ich je gesehen habe».

Nun stellt er in der New York Times fest:

«Wenn die Militärintervention im Irak eine grobe Fehleinschätzung war, dann eine, die Tausende und Abertausende Tote zur Folge hatte, und für die es nicht den geringsten glaubwürdigen Beweis einer akuten Bedrohung für die Vereinigten Staaten gab. Unsere Flagge wehte, so scheint es, im Dienste eines Regimewechsels, der vor allem für die US-Konzerne von grossem Nutzen ist. […] Wir sehen Bechtel. Wir sehen Halliburton. Wir sehen Bush, Cheney, Rumsfeld, Wolfowitz, Powell, Rice, Perle, Ashcroft, Murdoch, und viele andere. Massenvernichtungswaffen sehen wir nicht. Wir sehen tote junge Amerikaner. Massenvernichtungswaffen sehen wir nicht. Wir sehen Chaos in den Strassen von Bagdad. Aber keine Massenvernichtungswaffen. […] Ich bin Amerikaner und befürchte, dass andere und ich Gefahr laufen, unsere Fahne zu verlieren. […] Die US-Fahne wird zum Banner für Mord, Gier und für den Verrat an unseren eigenen Prinzipien, an unserer Geschichte, der Verfassung und an unsern Müttern und Vätern zu verkommen. Sie wird zur vulgären Plakatwand, die Treulosigkeit den Unsrigen und unsern Verbündeten gegenüber anzupreisen scheint.»

Schon einmal, im Oktober 2002, hatte Sean Penn in der Washington Post einen offenen Brief an George W. Bushgeschrieben und dessen Irakpolitik angegriffen. Das habe, so Penn, neben Fehlinterpretationen sofort «den Vorwurf des Verrats ausgelöst», was den Schauspieler an die Mc Carthy-Ära erinnert. Die US-Medien versuchen, jede öffentliche Person in Misskredit zu bringen, die den Mut aufbringt, die Politik der Bush-Regierung zu kritisieren. Penn ist ein bekannter Warner vor dem Wiedererwachen der «dunklen Ära der Schwarzen Listen Hollywoods».

Der jüngste Angriffe auf Penn gehört zweifellos ebenso zur Ausweitung des Spitzel- und Polizeistaates wie der Boykott der Dixie Chicks, die Aussperrung von Tim Robbins von der Zeremonie in der Baseball Hall of Fame, die Versuche, Schauspieler zu hindern, bei der Oskarpreisverleihung ihre kritische Meinung zum Irak-Krieg zu sagen, sowie auch die Bemühungen der NBC-Direktoren, Martin Sheen zum Schweigen zu bringen und viele andere mehr.

 

[1] Penn, Sean: Kilroy´s still here. In: New York Times vom 30. Mai 2003 = http://www.seanpenn.com/kilroy.pdf

Autor

Moritz Nestor, Psychologe

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